State of the EU – Von der Leyens Rede zur Lage der Europäischen Union enttäuscht

Es war die letzte große Rede der EU-Kommissionspräsidentin vor Ende ihrer neunmonatigen Amtszeit. Sie ließ die Chance auf einen beherzten Endspurt verstreichen. Weder ein deutliches Statement zum Rechtskurs ihres Parteifreunds und EVP-Fraktionsvorsitzenden Manfred Weber noch konkrete Maßnahmen für sozialen Ausgleich und Klimaschutz ließ sich von der Leyen entlocken. Stattdessen kündigte sie in ihrer Rede „zur Lage der Union“ neue Diskussionsformate an (zwei strategische Dialoge, einen Wirtschaftsbericht und mehrere Konferenzen…). 

Die wirklichen Aufgaben, die es bis zur Europawahl 2024 zu erledigen gibt, streifte sie lediglich. Wie sie den Europäischen Green Deal retten will, nachdem dessen Architekt Frans Timmermanns gegangen ist und die Konservativen das Projekt untergraben, das haben wir leider nicht erfahren. Ebenso stellte von der Leyen keine Maßnahmen in Aussicht, um der Belastung der Menschen durch hohe Lebenshaltungskosten etwas entgegenzusetzen. Zur chinesischen Handelspolitik kündigte von der Leyen an, sich gegen unfaire Praktiken und einen Unterbietungswettlauf wehren zu wollen. Um dem entgegenzuwirken, stellte sie das Vorhaben einer Anti-Dumping-Untersuchung vor.

Das alles wird nicht ausreichen, um den Europäer:innen und der europäischen Wirtschaft Sicherheit in einer krisenbehafteten Zeit zu geben. Wir brauchen jetzt den Abschluss wichtiger Vorhaben und neue Initiativen gegen Ungleichheit, Armut und steigende Kosten. An der Rede von der Leyens wurde einmal mehr deutlich, dass ihr dazu Kraft und Überzeugung fehlen. Es braucht eine starke sozialdemokratische Fraktion im Europäischen Parlament, um Wachstum, Nachhaltigkeit und soziale Gerechtigkeit in Einklang zu bringen.

Matthias Ecke, Europaabgeordneter