ASJ – Sachsen: Der aktuelle Lokführerstreik rechtfertigt keinen Verfassungsbruch!
Die ASJ (Landesverband Sachsen) hält den vorliegenden Gesetzentwurf für ein Gesetz zur Tarifeinheit (Bundestag, Drs. 18/4062) für derart problematisch, dass sie dringend von einer gesetzlichen Regelung auf der Grundlage des vorliegenden Entwurfs abrät. Die ASJ Sachsen fordert die Beteiligten auf, eine gesetzliche Regelung auf Grundlage des vorliegenden Entwurfs nicht weiter zu verfolgen.
Begründung
Spätestens seit den Streiks der Lokführergewerkschaft GDL ist das Thema Tarifeinheit verstärkt in der Diskussion. Dabei geht es im Kern um die Frage, wie damit umzugehen ist, wenn Beschäftigte innerhalb eines Unternehmens von verschiedenen Gewerkschaften vertreten werden. Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf zur Tarifeinheit vorgelegt, der am 5. März 2015 im Bundestag erstmals beraten wurde. Die Gewerkschaften ver.di, GEW und NGG lehnen das Gesetz ab, da es nicht nur eine Einschränkung des Streikrechts mit sich bringt, sondern auch zu einer Schwächung des Flächentarifvertrags führen und Konkurrenzkämpfe zwischen Gewerkschaften weiter befördern würde. Das ist nicht im Sinne der Arbeitnehmer/-innen. Das Bundesarbeitsgericht hat 2010 festgestellt, dass „die Verdrängung eines Tarifvertrags mit dem Grundrecht der Koalitionsfreiheit nach Art.9 Abs. 3 GG nicht zu vereinbaren“ ist.
Eine solche Verdrängung würde aber durch das neue Gesetz faktisch eintreten, weil nach Auszählung der Mitglieder der Tarifvertrag der Gewerkschaft mit weniger Mitgliedern unter den Tisch fallen würde. Dies werten Kritiker als Verstoß gegen die Verfassung. Indirekt würde dadurch außerdem das Streikrecht eingeschränkt, beklagen kleine Gewerkschaften. Zum Streik wird zwar im neuen Gesetz explizit gar nichts geregelt. Da die Tarifverträge der kleinen Gewerkschaften letztlich aber keine Gültigkeit hätten, führe dies dazu, so der Vorwurf, dass ein Streik für diese Tarifverträge dann von den Gerichten auch nicht mehr als rechtmäßig eingestuft würde. Der überarbeitete Kabinettsentwurf geht auf diese Kritikpunkte nicht ein.
Die ASJ Sachsen hat bereits am 28. März 2015 auf ihrer Landeskonferenz dieses Gesetzvorhaben mit deutlichen Worten kritisiert und die Beteiligten aufgefordert, aus Anlass des Lokführerstreik keine kurzfristige Stimmungspolitik zu betreiben.
Die Äußerungen der Sachverständigen in einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales des Deutschen Bundestags am 04.05.2015 lassen sich wie folgt zusammenfassen: Der derzeit vorliegende Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Tarifeinheit (18/4062) sollte noch nicht das letzte Wort zu diesem Thema sein.