Dulig: Aufarbeitung der Treuhand voranbringen, aber ohne zu spalten

Martin Dulig, Ostbeauftragter der SPD und Vorsitzender der SPD Sachsen zur Forderung der Linkspartei für einen weiteren Untersuchungsausschuss zur Treuhand:

„Wir brauchen eine Aufarbeitung der Nachwendezeit“, so Martin Dulig, Ostbeauftragter der SPD. „Wir sind es den Millionen Menschen schuldig, deren Leben sich in der Wendezeit dramatisch verändert hat. Ob uns dabei der nun dritte Treuhand Untersuchungsausschuss im Bundestag entscheidend weiterbringt, bezweifle ich. Im Gegenteil: Ich sehe eher die Gefahr, dass man dort nur alte Feindbilder pflegen und sich Schuldzuweisungen um die Ohren hauen würde. Das bringt uns heute im Jahr 2019 als Gesellschaft nicht weiter“.

Dulig forderte, über die Aufarbeitung anders nachzudenken: „Es braucht eine Aufarbeitung, auch der Treuhand, anhand der nun freigegeben Akten und der Einbeziehung von Zeitzeugen. Dazu müssen wir aber Wege und Instrumente suchen, die sowohl das Schiefgelaufene als auch das Erfolgreiche in jenem historischen Umbruch verstehen helfen und die Chance bieten, diese öffentlich zu diskutieren, zu benennen und zu verstehen. Wir brauchen eine differenzierte Beschreibung der damaligen Wirklichkeit! Und dazu brauchen wir auch die differenzierte Dokumentation der vielen tausend Einzelerfahrungen der Bürgerinnen und Bürger, wie sie auch Petra Köpping bereits in ihrem Buch gefordert hat.“ Nur damit könne die damalige Umbruchszeit deutlich werden, wie sie war: „widersprüchlich, kompliziert, voller schwieriger Entscheidungen“, so Dulig weiter.

Dazu brauche es schließlich auch Wege und Instrumente, um jene differenzierten Erfahrungen der Bevölkerung und auch unterschiedliche Sichtweisen der Forschung öffentlich zu dokumentieren. „Wir brauchen eine breite gesellschaftliche Debatte, am besten moderiert durch eine Kommission. Eine Aufarbeitung darf nicht in einer zehnbändigen Edition zur Nachwendezeit enden. Es geht um eine in die Zukunft gerichtete Diskussion im ganzen Land, mit einer Vielzahl an lokalen Aktionen und Formaten der Aufarbeitung in Ost und West.“

Die Feierlichkeiten zur Deutschen Einheit bieten hier eine erste Chance für eine ehrliche Debatte. Diese müsse auch ergriffen werden. „Doch langfristig befürworten wir als SPD die Errichtung eines Zukunftszentrums Ost zur Deutschen Einheit. Dieses Zentrum soll in einer mittelgroßen Stadt in Ostdeutschland angesiedelt werden, an dem ost‐ und westdeutsche Erfahrungen und Lebensbiographien gesammelt, Forschung, Dokumentation und Kultur stattfindet und eine differenzierte Darstellung des Einigungsprozesses präsentiert werden kann“.

„Wir wollen eine differenzierte Debatte. Danach können wir immer noch darüber reden, ob wir noch einmal einen Untersuchungsausschuss einsetzen müssen,“ so Dulig abschließend.