Dulig: Es ist dein Land – Wir wollen stabile demokratische Verhältnisse
In seiner Rede auf dem ordentlichen Landesparteitag der SPD Sachsen analysierte der Vorsitzende, Martin Dulig, die politische Lage im Freistaat:
„Keine Partei wird in Sachsen die absolute Mehrheit erhalten, auch nicht die CDU. Wir wollen stabile demokratische Verhältnisse. Von einer linken Mehrheit sind wir meilenweit entfernt. Die Linke kann und will nicht regieren. Die Frage ist, mit wem ein stabiles Regierungsbündnis möglich ist. Das sind wir.
„Und ich sage allen Wählerinnen und Wählern der Linken: Wer progressive Politik in Sachsen umsetzen will, sollte die Regierungsoption SPD statt die Opposition Linke wählen. Viel wichtiger ist mir aber, dass die Menschen in Sachsen die SPD aus Überzeugung, nicht nur aus taktischen Gründen wählen. Dafür braucht man Ideen und ein konkretes Angebot. Wir wollen regieren und wir haben bewiesen, dass wir es können.“
Unter anderem zählte Dulig für die Zukunft auf:
„Wir machen Sachsen zum Musterland für gelingende Integration und Teilhabe. Jeder Geflüchtete soll künftig innerhalb von drei Jahren nicht nur sein Asylverfahren rechtsgültig abschließen können, die Sprach- und Integrationskurse absolviert haben, sondern auch in Ausbildung bzw. Arbeit gebracht worden sein. Wer abgelehnt wurde und mehrfach straffällig geworden ist, der muss auch schneller abgeschoben werden. Der Staat muss sicherstellen, dass Menschen hier sicher leben können. Das gilt gleichermaßen für Geflüchtete, die vor rassistischen Übergriffen geschützt sein wollen, wie für Einheimische, die erwarten, dass ihre Sicherheit gewährleistet bleibt.“
„Wir wollen Sachsen zum Mobilitätsland der Zukunft machen. Es geht schon lange nicht mehr um den einzelnen Verkehrsträger, sondern um Mobilitätskonzepte. Etwa wie wir ein attraktives ÖPNV-Netz in den Ballungszentren schaffen, damit dort der Gebrauch des privaten Autos überflüssig wird.“
„Wir brauchen ehrgeizige Ziele bei der Gestaltung unseres sozialen Sachsens! Gerade bei der Pflege: Menschen, die dort arbeiten, haben meinen höchsten Respekt. Deswegen will ich einen Flächen-Tarifvertrag Soziales für Sachsen. Einen Tarifvertrag, der diejenigen absichert, die so viel geben und leider nur wenig zurückbekommen – zumindest was das Gehalt angeht.“
„Wir brauchen ehrgeizige Ziele für das Bildungsland Sachsen. Unser Ziel muss eine Schulabschlussgarantie sein. Kein Jugendlicher verlässt mehr eine sächsische Schule ohne einen Abschluss. In einem starren gegliederten Schulsystem funktioniert das nicht. Wir freuen uns auf die Gemeinschaftsschule in der nächsten Legislaturperiode.“
Dulig sparte nicht mit Kritik an der eigenen Partei:
„Wir verlieren seit Jahren an Glaubwürdigkeit und Vertrauen, sind schon lange nicht mehr in der Lage, den Wählerinnen und Wählern überzeugende Gründe zu liefern, warum sie uns ihre Stimme geben sollen. Das ist durch den Eintritt in die GroKo nicht leichter geworden, aber die wahren Gründe liegen tiefer und reichen weiter zurück. Wir machen uns lächerlich, wenn wir nach jeder krachenden Wahlniederlage, nach jedem neuen Tiefstand in den Umfragen, nicht mehr zu sagen wissen, als dass wir nun endlich zur „Sacharbeit“ zurückkehren müssen. Unser negatives Image steht wie ein Filter zwischen uns und den Bürgern, verstellt den Blick auf unsere „Sacharbeit“, so gut sie tatsächlich sein mag.“
„Wir sollten damit aufhören, uns damit zu entschuldigen, dass unsere erfolgreiche Regierungsarbeit „ungerechterweise“ vom Wähler nicht honoriert wird. Wir lösen unser Dilemma auch nicht dadurch, dass wir aus der GroKo aussteigen. Dafür mag es andere Gründe geben, aber um Vertrauen und Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen, reicht das bei Weitem nicht aus.“
Als Ostbeauftragter der SPD stellt Martin Dulig fest:
„Die Ungerechtigkeiten der Nachwendezeit brechen auf. Und in Berlin und in Westdeutschland fragt man: Was ist bei Euch los? Und so müssen wir erklären. Das reicht uns aber nicht. Wir erwarten, dass wir nicht nur darüber reden, sondern dass es sich die gesamte SPD zur Aufgabe macht, für die Menschen im Osten Lösungen und Ideen zu entwickeln und umzusetzen. Diese Sache lasse ich nicht auf mich als Ostbeauftragten delegieren.“
„Aber um es auch ganz klar zu sagen: alle Erklärungen zum fehlenden Respekt vor den Lebensleistungen vieler Menschen im Osten und den Ungerechtigkeiten, die sie scheinbar oder tatsächlich erlitten haben, dürfen nie zur Rechtfertigung für rassistisches, antisemitisches, homophobes und menschenverachtendes Verhalten herhalten. Der Staat muss klar zeigen, wo Grenzen sind. Wird der Hitlergruß gezeigt, muss die Polizei sofort reingehen: Das wirkt auch auf die anderen.“
„Aber es geht nicht nur um Repression. Wir brauchen in Sachsen eine Kultur des Widerspruchs. Das betrifft jeden einzelnen. Wenn im Kollegenkreis wieder ein Judenwitz gemacht wird, heißt es Widerspruch! Wenn fremdenfeindliches Zeug auf der Familienfeier erzählt wird, heißt es Widerspruch! Wenn Lügenpresse gerufen wird, heißt es Widerspruch.“
Mit Blick auf das Wahljahr 2019 sagte Dulig:
„Wir haben unser Land bei den Kommunal- und Europawahlen zu verteidigen gegen die, die Schlimmes mit Land und Leuten vorhaben. Die ein Gesellschaftsmodell propagieren, das aus den 50er Jahren – bei manchen sogar 30er Jahren – entliehen scheint. Unser größter politischer Gegner ist weder CDU noch Linke, es ist auch nicht die AfD – unser größter politischer Gegner ist die Angst. Und deshalb müssen wir über unseren Umgang mit der AfD reden, weil sie die Angstmaschine in unserer Gesellschaft ist, aus deren Geiselhaft wir uns befreien müssen.“
„Unser Weg wird in den kommenden Monaten nicht leichter werden. Was uns trägt, ist unsere Zuversicht, die wir nicht für uns behalten wollen. Die wir nach draußen tragen. Die unser Land verdient hat und dringend braucht. Gegen diejenigen, die mit der Angst der anderen ihre dunklen Geschäfte machen. Für diejenigen, die uns am Herzen liegen: Die große Mehrheit der Sächsinnen und Sachsen.“
Dulig sprach eine Einladung an alle Bürgerinnen und Bürger aus:
„Es ist dein Land, es ist mein Land. Lasst es uns verteidigen, es lohnt sich!“