Liebe Genossinnen und Genossen,
liebe Freundinnen und Freunde der Sozialdemokratie,
am 3. Juni haben SPD und CDU das Integrationsgesetz in das parlamentarische Verfahren eingebracht. Am 7. Juli wurde es im Bundestag beschlossen.
Mit dem Gesetz werden zum ersten Mal in unserer Geschichte klare und verbindliche Regeln für Integration geschaffen. Viele tragen eine sozialdemokratische Handschrift, auch wenn wir an der einen oder anderen Stelle schwierige Kompromisse mit unserem Koalitionspartner schließen mussten. Einen Überblick zu wichtigen Inhalten möchten wir Euch mit diesem Glossar geben.
Eure Daniela Kolbe
Generalsekretärin der SPD Sachsen und Berichterstatterin der SPD-Bundestagsfraktion für das Integrationsgesetz
Kleines Glossar zum Integrationsgesetz
Ankunftsnachweis
Für Asylbewerberinnen und Asylbewerber beginnt künftig mit der Ausstellung des Ankunftsnachweises ihr asylverfahrensrechtliches Aufenthaltsrecht. Das gibt Rechtssicherheit für Fristen, die für den Zugang zum Arbeitsmarkt und zu Integrationsleistungen nötig sind.
Ausbildungsförderung
Die Berufsausbildung bestimmter Ausländerinnen und Ausländer kann künftig leichter gefördert werden. Ausbildungsbegleitende Hilfen, die assistierte Ausbildung und berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen werden früher als bisher zur Verfügung stehen. Die Berufsausbildungsbeihilfe und das Ausbildungsgeld werden zum Teil erstmalig geöffnet. Für Asylsuchende aus Afghanistan, deren Schutzquote derzeit nur knapp unter 50 Prozent liegt, besteht jedoch Verbesserungsbedarf. Hier wird sich die SPD für eine weitere Öffnung einsetzen.
Ehrenamtspauschale
Die Ehrenamts- und Übungsleiterpauschale ist künftig anrechnungsfrei. Auch Leistungsbeziehende nach dem Asylbewerberleistungsgesetz können dann Aufwandsentschädigungen für ehrenamtliches Engagement von bis zu 200 Euro im Monat ohne Abzug behalten. Damit erfüllen wir ein Anliegen etwa von Sportvereinen. Da die Zustimmung des Bundesrates nötig ist, wird diese Neuerung in einem weiteren Gesetzgebungsverfahren geregelt und ist noch nicht Bestandteil des Integrationsgesetzes.
Flüchtlingsintegrationsmaßnahmen (FIM)
Das Arbeitsmarktprogramm FIM soll Asylbewerberinnen und Asylbewerbern schon im laufenden Verfahren erste Schritte auf dem deutschen Arbeitsmarkt ermöglichen. Die 100.000 Arbeitsgelegenheiten werden sinnvolle und gemeinnützige Beschäftigungen in und um Aufnahmeeinrichtungen sein, jedoch keine Arbeits- oder Beschäftigungsverhältnisse. Starten wird das Programm bereits Mitte dieses Jahres (2016).
Integrationskurse
Damit Asylsuchende so schnell wie möglich Deutsch lernen, können sie künftig bereits während des Asylverfahrens zum Integrationskurs verpflichtet werden. Kursberechtigte müssen ihre Zulassung innerhalb eines Jahres statt wie bisher innerhalb von zwei Jahren wahrnehmen.
Um das Kursangebot zu sichern, brauchen wir ausreichend qualifizierte Lehrerinnen und Lehrer. Mit einem Beschluss im Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages haben wir eine Anhebung der Mindestvergütung für Lehrkräfte von 23 auf 35 Euro pro Stunde sichergestellt, damit endlich faire und motivierende Gehälter gezahlt werden.
Leiharbeit
Der Zugang zu einer Tätigkeit in Leiharbeit ist bei Flüchtlingen an die Vorrangprüfung gekoppelt. Diese wird durch das Integrationsgesetz befristet für drei Jahre ausgesetzt, wobei die Bundesländer entscheiden, in welchen Agenturbezirken der Bundesagentur für Arbeit sie diese Möglichkeit anwenden. Dort, wo die Vorrangprüfung ausgesetzt wird, haben Asylsuchende und Geduldete nach drei Monaten Aufenthalt auch Zugang zur Leiharbeit.
Niederlassungserlaubnis
Die SPD hat die von der Union eingeforderten Änderungen für ein unbefristetes Aufenthaltsrecht auf ein vertretbares Maß begrenzt. Wer seinen Lebensunterhalt überwiegend sichern kann und Deutsch auf dem Niveau A 2 spricht, erhält die Niederlassungserlaubnis nach fünf Jahren. Wir berücksichtigen hier die besondere Situation von Flüchtlingen. Ihre Startbedingungen sind schwieriger als die von einwandernden Hochqualifizierten oder Studierenden. Wer Deutsch auf dem Niveau C 1 sprechen und seinen Lebensunterhalt weit überwiegend sichern kann, kann die Niederlassungserlaubnis wie bisher schon nach drei Jahren bekommen. Zudem müssen ältere Menschen ihren Lebensunterhalt nicht selbst sichern können, wenn sie die Regelaltersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung bereits erreicht haben.
Orientierungsangebote
Asylbewerber, die weder aus Staaten mit besonders hoher oder besonders niedriger Schutzquote stammen, warten oft sehr lange auf den Abschluss ihres Asylverfahrens. Wir werden auch diesen Personen Orientierungsangebote machen. Hierfür wird ein Pilotprojekt in der zweiten Jahreshälfte 2016 starten.
Rechtssicherheit während der Ausbildung („3+2-Regelung“)
Die SPD hat durchgesetzt, dass geduldete Auszubildende künftig eine Duldung für die Gesamtdauer ihrer Ausbildung erhalten. Das schafft Rechtsicherheit für Betriebe und Azubis bei der Berufsausbildung. Wenn sich eine adäquate Beschäftigung anschließt, wird ein Aufenthaltsrecht für zwei Jahre erteilt („3+2 – Regelung“). Andernfalls erhalten diese Geflüchteten für die Dauer von sechs Monaten eine Duldung zur Arbeitsplatzsuche. Zudem wird die Altersgrenze von 21 Jahren aufgehoben. Auch Azubis im Asylverfahren können von der Regelung profitieren. Selbst wenn ihr Antrag abgelehnt wird, können sie ihre Ausbildung beenden.Die SPD hat sich zudem dafür eingesetzt, dass auch bei Ausbildungsabbruch die Duldung einmalig sechs Monate weiter besteht. Das stärkt die Azubis und ermöglicht es ihnen, eine neue Ausbildungsstelle zu suchen.
Sanktionen
Die SPD hält die neuen Sanktionen im Bereich der Integrationskurse oder Arbeitsgelegenheiten im geplanten Maße für unnötig. Die Teilnahme an einem Integrationskurs scheitert meist nicht am Interesse der Menschen, sondern an den Kapazitäten. Es werden deutlich mehr Kurse angefragt als angeboten. Die SPD hält es auch für falsch, Dritte in Mithaftung zu nehmen und beispielsweise Ausbildungsbetriebe zu verpflichten den Behörden zu melden, wenn ein geduldeter Azubi seine Ausbildung nicht betreibt.
Verpflichtungserklärung
Menschen, die Angehörige aus Bürgerkriegsländern beispielsweise über ein Landes- oder Bundessaufnahmeprogramm nach Deutschland holen, müssen sich verpflichten, für Wohnung und Lebensunterhalt ihrer Verwandtschaft aufzukommen. Eine solche Verpflichtungserklärung galt bislang zeitlich unbegrenzt. Künftig gelten Verpflichtungserklärungen nur noch für fünf Jahre. Das ist eine wichtige rechtliche Klarstellung. Allerdings gilt die Verpflichtung von nun an auch dann volle fünf Jahre, wenn Angehörige in der Zwischenzeit selbst als Flüchtlinge anerkannt wurden. Da Verpflichtungserklärungen in einigen Bundesländern bisher nach der Anerkennung als Flüchtling praktisch erloschen, hat sich die SPD zudem für eine Altfallregelung eingesetzt. Wer seine Erklärung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes bereits abgegeben hat, verpflichtet sich lediglich für drei Jahre.
Vorrangprüfung
Die Vorrangprüfung wird befristet für drei Jahre ausgesetzt. So wird auch Leiharbeit ermöglicht. Die Länder entscheiden selbst, in welchen Agenturbezirken der Bundesagentur für Arbeit die Vorrangprüfung ausgesetzt werden soll. Asylsuchende und Geduldete können dann eingestellt werden, ohne dass vorher umständlich geprüft werden muss, ob hierfür auch Deutsche oder EU-Bürgerinnen oder Bürger zur Verfügung stehen.
Wohnsitzzuweisung
Auf Wunsch der Länder und Kommunen sieht der Gesetzentwurf die befristete Einführung einer Wohnsitzzuweisung für anerkannte Flüchtlinge vor. So soll gewährleistet werden, dass für die Menschen überall ausreichend Wohnraum sowie Sprach- und Integrationsangebote vorhanden sind und möglichst keine sozialen Brennpunkte entstehen. Die SPD hat sich dafür eingesetzt, dass diese Auflage einer schnellen Eingliederung in den Arbeitsmarkt und in die Gesellschaft nicht entgegensteht. Darum gibt es Ausnahmen für diejenigen, die eine Ausbildung, ein Studium oder eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung finden, selbst wenn das Einkommen noch nicht zur Sicherung des Lebensunterhalts einer ganzen Familie ausreicht. Es gelten auch Ausnahmen, wenn die Kernfamilie an einem anderen Ort wohnt.
Bearbeitungsstand dieser Seite: 1. April 2016.