Keine anlasslose Vorratsdatenspeicherung

Der Vorstand der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Juristinnen und Juristen Sachsen (AsJ Sachsen) spricht sich gegen jede Einführung einer Speicherpflicht und Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten aus.

Begründung

Die vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz am 15. April 2015 vorgelegten „Leitlinien zur Einführung einer Speicherpflicht und Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten“ bedeuten der Sache nach nichts anderes als die Wiedereinführung einer anlasslosen Vorratsdatenspeicherung. Die AsJ Sachsen verkennt dabei nicht, dass die Leitlinien die Speicherung von Kommunikationsdaten auf Vorrat nur in engen Grenzen zulassen wollen und so deutlich hinter den früheren Regelungen zurückbleiben. Es bleibt weiterhin aber ein schwerwiegender Eingriff in die Grundrechte aller Nutzer elektronischer Kommunikationsmittel. Die flächendeckende Überwachung der elektronischen Kommunikation ist undifferenziert und uneffektiv. Sie kann durch die versprochenen, objektiv zudem ungewissen Sicherheitsgewinne nicht als verhältnismäßig gerechtfertigt werden. Die grundsätzlichen datenschutzrechtlichen Bedenken des Bundesverfassungsgerichts und des Gerichtshofs der Europäischen Union gelten auch gegenüber dem Regelungskonzept der „Leitlinien“. Deren Umsetzung birgt selbst in Ansehung der veränderten Sicherheitslage weiterhin gravierende verfassungs- und unionsrechtliche Risiken. Eine neuerliche Beanstandung durch das Bundesverfassungsgericht oder den Gerichtshof der Europäischen Union wird das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in einen hinreichenden Schutz ihrer persönlichen Daten weiter erschüttern; es hat durch die vielfältigen Enthüllungen über rechtswidrige Datenerhebungen von Sicherheitsdiensten der letzten Jahre bereits nachhaltig gelitten.

Eine Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung mit Unterstützung der deutschen Sozialdemokratie erschüttert das wiedergewonnene Vertrauen in deren Bereitschaft, durch einen wirksamen Grundrechtsschutz im digitalen Zeitalter Freiheitsrechte auch im 21. Jahrhundert effektiv zu wahren.

Die AsJ Sachsen unterstützt daher den Antrag des SPD-Landesverbandes Sachsen „Keine Vorratsdatenspeicherung in Deutschland und Europa“ an den SPD-Parteikonvent. Er entspricht der langjährigen Haltung der AsJ auf Bundes- wie auf Landesebene, für den Schutz der Grundrechte und gegen eine umfassende Vorratsdatenspeicherung. Die AsJ Sachsen setzt auf die politische wie rechtliche Vernunft des Konvents und hofft auf eine breite Zustimmung zu diesem Antrag.

Eine Wiedereinführung einer auch in der SPD hoch umstrittenen Vorratsdatenspeicherung hätte hohe politisch-symbolische Bedeutung. Die AsJ Sachsen hält zur Frage der Wiedereinführung einer Vorratsdatenspeicherung daher einen Mitgliederentscheid für geboten. Eine schnelle gesetzliche Regelung noch vor der parlamentarischen Sommerpause 2015 ist selbst nach Ansicht der Befürworter durch die aktuelle Sicherheitslage nicht notwendig. Mit dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union zur Vorratsdatenspeicherung ist insoweit auch die Geschäftsgrundlage für die Koalitionsvereinbarung und den Beschluss des Parteitages „Datenschutz und Grundrechte stärken – Datenspeicherung begrenzen!“ entfallen. Ein Mitgliederentscheid kann nach den Parteistatuten auch zu einer Sachfrage stattfinden. Er eröffnet die Chance, eine breite gesellschaftspolitische Debatte über Freiheit und Sicherheit im digitalen Zeitalter anzustoßen und das Profil der SPD als der Partei zu schärfen, die den Schutz der Grund-und Bürgerrechte in der digitalen Gesellschaft ebenso wahrt wie sie die öffentliche Sicherheit schützt.

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