Martin Dulig hat auf dem SPD-Parteitag in Chemnitz nachdrücklich dafür geworben, die Zukunft Sachsens stärker in den Blick zu nehmen. Genau darum gehe es der SPD in der Regierungsarbeit: „Politik ist keine Nachlassverwaltung, sondern Zukunftsgestaltung.“ Das sei genau die Verantwortung, der sich die SPD in Sachsen stelle.
„Weder Hohn noch Schönfärberei bringen uns weiter. Vieles in Sachsen läuft gut, manches hervorragend. In Sachsen wird nicht mehr falsch gemacht als anderswo, aber der Umgang mit Fehlern ist beispiellos schlecht. Deswegen stehen wir immer wieder vor ähnlich gelagerten Problemen.“ Er forderte einen Kulturwandel in den Führungsstrukturen von Behörden und Verwaltungen.
In der Auseinandersetzung mit Rechtspopulisten plädierte Dulig für Entschlossenheit und Besonnenheit. Man dürfe nicht das Spiel von AfD, Pegida und Co. mitspielen, die Gesellschaft zu spalten. Das Geschäftsmodell der Rechtspopulisten sei Krise und Angst. Daher wollten diese das Leben der Menschen gar nicht besser machen. „Wir ringen um jede kleinste Verbesserung, sie lechzen nach der Katastrophe“, verwies Dulig auf den zentralen Unterschied.
Der SPD-Chef mahnte zu Differenzierung im Umgang mit der Verunsicherung im Land. Rassismus gelte es klar in die Schranken zu weisen. Insbesondere der Schutz von Engagierten vor Bedrohungen müsse verbessert werden. „Wir müssen verhindern, dass niemand mehr Verantwortung übernimmt“, sagte er.
Gleichzeitig müssten Ungerechtigkeiten anerkannt werden. Die Menschen bräuchten keine Belehrungen, sondern sozialere Politik: „Wir spielen Gruppen nicht gegeneinander aus. Wir suchen Lösungen für alle.“ Beispielhaft für sozialere Politikansätze nannte er die Rentenangleichung Ost-West, die Ausweitung des Unterhaltsvorschusses für Alleinerziehende, das kommende Landesprogramm gegen Langzeitarbeitslosigkeit oder die geplanten Jugendberufsagenturen. So könne auch Vertrauen in den Staat zurückgewonnen werden. „Wir wollen Vertrauensarbeit leisten. Wir wollen der Mittler in der Gesellschaft sein“, so Dulig.
Auf die Spekulationen um einen Koalitionskrach in Sachsen erwidert Dulig: „Wir haben gemeinsam Verantwortung übernommen für diese Wahlperiode, nicht nur für Schönwetterzeiten. Wir wollen und werden die Probleme gemeinsam mit der CDU angehen. Stanislaw Tillich hat mein Vertrauen, dass wir es gemeinsam in dieser Koalition schaffen.
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Landesparteitag beschließt Leitantrag zum starken Staat
Panter: „Wir wollen einen starken, einen handlungsfähigen Staat, der für die Menschen da ist“
Unser Landesparteitag hat den Leitantrag des Landesvorstandes „Starke demokratische Bürgergesellschaft
und ein handlungsfähiger Staat in Sachsen“ mit großer Mehrheit beschlossen. Erarbeitet wurde der Antrag von einer offenen Projektgruppe des SPD-Landesvorstandes unter Federführung von SPD-Fraktionschef Dirk Panter, der den Antrag auf dem Parteitag einbrachte.
Dirk Panter: „Der Leitantrag ist Leitfaden für das, was wir als SPD erreichen wollen. Er beschreibt unseren Anspruch. Wir wollen einen starken, einen handlungsfähigen Staat, der für die Menschen da ist und seine Aufgaben erfüllen kann. Einen Staat, der die Bürgerinnen und Bürger unterstützt, Demokratie stärkt und damit für den so dringend nötigen Zusammenhalt der Gesellschaft sorgt. Soziale Sicherungssysteme, öffentliche Daseinsvorsorge und innere Sicherheit sind die Basis für ein gutes und sicheres Zusammenleben aller Bürgerinnen und Bürger. Ein handlungsfähiger Staat kann und will Zukunftsaufgaben anpacken, Arbeitsplätze sichern und Sachsen so auch für künftige Generationen lebenswert machen.“
Eine starke demokratische Bürgergesellschaft und ein handlungsfähiger Staat gehörten für die SPD Sachsen untrennbar zusammen, stellte Panter klar: „Ein starker Staat ohne eine starke Bürgerschaft droht technokratisch und antidemokratisch zu werden. Ohne starke Bürgergesellschaft ist der soziale Zusammenhalt gefährdet. Dieser Bedrohung müssen wir uns ganz deutlich entgegenstellen.“
Wahlen
Im Zentrum des diesjährigen Landesparteitatgs standen auch die Vorstandswahlen:
Martin Dulig wurde mit 84,7 Prozent als Landesvorsitzender bestätigt.
Dulig: „Wir sind eine streitbare Partei, haben unterschiedliche Positionen. Das, was uns aber stark gemacht hat ist, dass diese sächsische SPD trotz aller Unterschiede geeint war. Wir übernehmen gemeinsam Verantwortung. Das ist Solidarität, da hakt man sich unter und betont das Gemeinsame. Denn wir wissen, für welche Grundwerte wir stehen: Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität.“
Der Landesparteitag der SPD Sachsen hat auch die sächsische Wissenschafts- und Kunstministerin Eva-Maria Stange mit 112 von 132 abgegebenen Stimmen in ihrem Amt als Vizevorsitzende bestätigt.
Neu in den Vorstand gewählt wurde der Markkleeberger Oberbürgermeister Karsten Schütze, für den 118 der Delegierten stimmten. Schütze, der seit 2001 SPD-Mitglied ist, folgt auf Petra Köpping. Seit 2004 ist der Kommunalpolitiker Kreisrat im Landkreis Leipzig, seit 2008 Vorsitzender der Kreistagsfraktion und seit 2013 Oberbürgermeister von Markkleeberg.
Petra Köpping hatte nach zehn Jahren als Vizevorsitzende nicht erneut kandidiert und stattdessen den Kommunalpolitiker Karsten Schütze als ihren Nachfolger vorgeschlagen: „Ich halte es für außerordentlich wichtig, dass auch die Kommunalpolitik im SPD-Landesvorstand stark vertreten ist. Kommunalpolitik ist die Wurzel. Dort beginnt Politik. Das müssen wir ernst nehmen und es auch zeigen. Den Staffelstab übergebe ich an einen verwurzelten Kommunalpolitiker.“
Martin Dulig dankte der sächsischen Staatsministerin für Gleichstellung und Integration Petra Köpping für ihre langjährige Arbeit im Landesvorstand und überreichte ihr rote Boxhandschuhe: „Wir kennen dich als starke Frau, die für ihre Ziele kämpft und weiter kämpfen wird. Beim Thema Integration sind wir gerade erst Schritt für Schritt dabei, wichtige Voraussetzungen zu schaffen, genauso wie beim Thema Gleichstellung. Für diese beiden wichtigen Politikfelder haben wir mit dir die durchsetzungsfähigste Frau in dieser Position – und darum statten wir dich jetzt auch mit dem richtigen Utensil aus.“
Generalsekretärin Daniela Kolbe wurde mit 77,3 Prozent im Amt bestätigt. 102 der 132 Delegierten stimmten für Kolbe.
Kolbe forderte in ihrer Rede die Delegierten des Parteitages auf, weiter mutig zu sein, Probleme anzusprechen und deutliche Worte gegen Pegida und organisierte rechtsextreme Strukturen zu finden: „Wir sind eine Partei, die mit einer Stimme und mit einer Haltung spricht.“ In Sachsen sei etwas ins Rutschen gekommen: „Wir spüren auf wie dünnem Eis unsere Demokratie und unser Gemeinwesen stehen, wie brüchig der Zusammenhalt ist, und wie schnell der Hass die Oberhand gewinnt.“
In Richtung des Koalitionspartners kritisierte Kolbe: „Die CDU scheint die Größe des Problems noch nicht erkannt zu haben. Sie ist zu sehr verhaftet im Glanz des Erreichten. Die CDU braucht ein größeres Problembewusstsein.“
Die sächsische SPD werde ihr Profil weiter schärfen: „Wir haben uns Schwerpunkte für die Arbeit der nächsten zwei Jahre vorgenommen: sozialer Aufstieg und soziale Anerkennung, Familienpolitik und Digitalisierung. Wir wollen Sachsen demokratischer und gerechter machen. Wir wollen Ideen entwickeln, um den Menschen Steine aus dem Weg zu räumen. Wir wollen ein Sachsen, das für alle funktioniert, nicht nur für die Reichen und Hochgebildeten. Wir haben die normalen Männer und Frauen im Blick, die täglich zur Arbeit gehen und hart arbeiten. Wir kümmern uns. Das müssen wir als SPD stärker leben.“
Sven Schulze bleibt Schatzmeister der sächsischen SPD, 94 Prozent der Delegierten stimmten für ihn.
Unser wiedergewählter SPD-Landeschef Martin Dulig zog eine positive Bilanz des Parteitages: „Die SPD hat sich als selbstbewusste Regierungspartei präsentiert, die klare Vorstellungen hat, wie ein Staat zu funktionieren hat und wie Sachsen fortschrittlicher und gerechter werden kann. Das stärkt mir persönlich und uns als Regierungspartei den Rücken. Mit dem Vertrauen, das wir uns gegenseitig gegeben haben, werden wir auch Vertrauensarbeit nach außen leisten. Das Zutrauen in uns wächst.“
SPD-Fraktionschef Dirk Panter bilanzierte die bisherige Arbeit der 18 Landtagsabgeordneten. „Es ist uns nicht genug, nur Reparaturbetrieb zu sein. Wir wollen gestalten und stehen für einen echten Wandel in der Landespolitik.“ Das frühere Kürzungsdiktat sei mit der SPD in der Regierung durchbrochen worden. „In den laufenden Haushaltsverhandlungen werden wir weiter kämpfen“, kündigte er an.
Beschlüsse
Hier finden Sie das Antragsbuch zum Landesparteitag.
Folgende Beschlüsse wurden vom Landesparteitag gefasst:
Beschluss L01 – starke demokratische Bürgergesellschaft und ein handlungsfähiger Staat in Sachsen
Beschluss B01 – Schule und KiTa zusammendenken
Beschluss B02 – Vorbereitungsklassen für junge Geflüchtete
Beschluss B03 – Lehrerversorgung in Sachsen
Beschluss B05 – GRWLeistungskurs ermöglichen
Beschluss A01 – Bildungsurlaube endlich auch für Sachsen
Beschluss A02 – Neuregelung der Rücknahme von Leuchtkörpern
Beschluss A03 – ÖPNV_SPNV für Stadt und Land
Beschluss A04 – Öffentlicher Nahverkehr im ländlichen Raum
Beschluss D01 – Stasi-Unterlagen-Behörde eigenständig weiterenwickeln
Beschluss D02 – Refugees welcome
Beschluss D05 – Profit über Sicherheit
Beschluss S02 – Sozialdemokratische Gesundheitspolitik: Bürgerversicherung
Beschluss S03 – Entwicklung Strategiepapier Fachkräfte KiTa
Beschluss S04 – Frauen im Osten ticken anders
Beschluss S05 – Einführung einer Wohnungslosenstatistik
Beschluss S06 – Stärkung der Obdachlosenarbeit
Beschluss S07 – Barrierefreie Inhalte im MDR
Beschluss S08 – Ziele der Pflegereformen in Sachsen sichern
Beschluss S09 – Kommunen und Famile entlasten KiTapauschale anpassen
Beschluss S10 – Kommunale Gleichstellungsbeauftragte
Beschluss S11 – Beitragsschuldenerlass Krankenversicherung
Beschluss S12 – Enquete-Kommission Drogenpolitik
Beschluss E01 – den Brexit zum Neustart machen
Beschluss E02 – Aufhebung der Russland-Sanktionen überdenke
Beschluss P01 – gelebte Nachhaltigkeit in der SPD
Beschluss P02 – Vereinbarkeit von Familie und Politik in der SPD Sachsen
Beschluss P03 – Barrierefreie Dokumente