Neues aus Berlin

Thomas Jurk, MdB, berichtet u.a. über den Bundeshaushalt 2015, den Investitionsfonds und das Rentenpaket:

  1. Bundeshaushalt 2015Die Sitzungswoche Ende November stand im Zeichen des Haushaltes 2015. Zum ersten Mal seit 1960 wurde ein Bundeshaushalt ohne neue Schulden verabschiedet. Wir stoppen damit das Anwachsen des Schuldenberges und durchbrechen die Schuldenspirale, was in der Vergangenheit selbst in konjunkturell guten Zeiten nie gelungen ist. Damit verwirklichen wir ein zentrales Ziel sozialdemokratischer Politik, wie wir es auf dem Bundesparteitag 2011 und im Regierungsprogramm 2013 beschlossen haben.
    Ein Bundeshaushalt ohne neue Schulden soll nicht einmalig sein, sondern ist unser Anspruch für die kommenden Jahre. Wir werden alles daran setzen, dass wir auch in den nächsten Haushaltsjahren ohne neue Schulden auskommen. Allerdings muss man ehrlicherweise sagen, dass dies nicht allein in unserer Hand liegt, sondern auch von Faktoren abhängt, die sich unserer Kontrolle entziehen – wie zum Beispiel die Krisen in der Ukraine, im Nordirak, in Syrien oder die Ebola-Epidemie in Westafrika, die wirtschaftliche Entwicklung in unseren europäischen Partnerländern, die Entwicklung von Wirtschaft und Beschäftigung in Deutschland oder der Inflationsraten und Zinskurven in den nächsten Jahren. Die jüngste Steuerschätzung errechnete für den Bund mit 5,5 Mrd. EUR weniger Einnahmen in den Jahren 2015 bis 2018 als noch die Mai-Steuerschätzung. Gleichzeitig werden trotz anhaltender Konjunktur höheren Ausgaben für Langzeitarbeitslose prognostiziert. Dagegen profitieren wir von den historisch niedrigen Zinsen für deutsche Staatsanleihen – sollten diese sich wieder auf das jahrelang übliche Niveau zu bewegen, summierten sich die Mehrausgaben schnell auf 10 bis 20 Mrd. EUR.
  2. InvestitionspaketFür die Jahre 2016 bis 2018 wird ein Investitionspaket mit insgesamt 10 Mrd. EUR aufgelegt: Ab dem Haushalt 2016 wird die SPD-Forderung umgesetzt, dass die Ausgaben für das Betreuungsgeld aus dem Gesamthaushalt finanziert werden und nicht über Einsparbeiträge der einzelnen Ministerien. Damit werden in den Jahren 2016, 2017 und 2018 jeweils 1 Mrd. EUR frei – insgesamt also 3 Mrd. EUR –, die direkt in den Ressorts für Investitionen genutzt werden sollen. Die restlichen 7 Mrd. EUR sind als Verpflichtungsermächtigung (VE) für „Zukunftsinvestitionen insbesondere für öffentliche Infrastruktur und Energieeffizienz“ den Einzelplan 60 (Allgemeine Finanzverwaltung) eingestellt (2,1 Mrd. EUR für 2016, 2,4 Mrd. EUR für 2017 und 2,5 Mrd. EUR für 2018). In welche Bereiche diese Investitionen im Einzelnen fließen werden, wird in der nächsten Zeit die Bundesregierung gemeinsam mit den Koalitionsfraktionen entscheiden. Bis zu dieser Entscheidung sind die Mittel gesperrt.
  3. Rente – solide finanzieren und gerecht gestaltenMit dem Rentenpaket haben wir im Juli umfangreiche Leistungsverbesserungen umgesetzt. Bislang haben – wie prognostiziert – 163.000 Rentenversicherte einen Antrag auf abschlagsfreie Rente nach 45 Beitragsjahren gestellt. Der aktuelle Rentenversicherungsbericht zeigt: Die Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung sind solide finanziert. Aktuell verfügt die Rentenkasse über eine Reserve von über 33 Mrd. EUR. Die gesetzliche Obergrenze von 1,5 Monatsausgaben für die Rücklage wird voraussichtlich Ende des nächsten Jahres überschritten werden. Das macht nach geltendem Recht eine Beitragssenkung auf 18,7 Prozent zum 1. Januar erforderlich. Damit entlasten wir zugleich Beschäftigte und Unternehmen um jährlich 1 Mrd. EUR. Daneben hat sich die Erwerbstätigenquote der 60 bis 64 Jährigen gegenüber dem Jahr 2000 auf heute 50 % mehr als verdoppelt. Unser Ziel ist, dass Beschäftigte möglichste lange und gesund am Arbeitsleben teilhaben können. Deshalb erarbeiten wir derzeit Vorschläge, wie wir die Übergänge in die Rente bis zur Regelaltersgrenze flexibler gestalten können.
  4. GleichstellungAb 2016 müssen in börsen- und mitbestimmungspflichtigen Unternehmen mindestens 30 % der Aufsichtsratsposten mit Frauen besetzt sein. Wird diese Quote unterschritten, bleiben die Aufsichtsmandate unbesetzt („Leerer Stuhl“). Der Bund geht mit gutem Beispiel voran: In Aufsichtsgremien, in denen dem Bund mindestens drei Sitze zustehen, soll ab 2018 für diese Mandate sogar eine Quote von 50 % bei Neubesetzungen erfüllt sein.
  5. FlüchtlingeÜber 50 Millionen Menschen sind weltweit auf der Flucht. Auch in Deutschland suchen derzeit 200.000 Flüchtlinge Schutz vor Krieg und Gewalt. Um die Kommunen bei der Aufnahme von Flüchtlingen zu unterstützen, haben sich der Bund und die Länder auf ein Gesamtkonzept verständigt. Aus Bundessicht sieht das wie folgt aus:

    • 2015 sollen zusätzliche Hilfen in Höhe von 500 Mio. EUR zur Verfügung gestellt werden und weitere 500 Mio. EUR im Jahr 2016, falls die besondere Situation fortbesteht.
    • Im Rahmen des Asylbewerberleistungsgesetzes sowie durch Übernahme von Impfkosten werden Kommunen und Länder zudem ab 1. Januar 2015 jährlich insgesamt um einen hohen zweistelligen Millionenbetrag entlastet.
    • Bundesimmobilien werden zur Unterbringung von Flüchtlingen künftig mietzinsfrei überlassen, wodurch Kommunen und Länder jährlich rund 25 Mio. EUR Mietkosten einsparen.

    Viele Menschen, die bei uns Schutz suchen, sind gut ausgebildet und wollen sich mit ihren Fähigkeiten in unsere Gesellschaft einbringen. Um Flüchtlingen zu helfen und sie bei der Integration in unsere Gesellschaft zu unterstützen, sieht ein entsprechender Gesetzentwurf erhebliche rechtliche Verbesserungen vor: Asylsuchende sollen schneller eine Arbeit aufnehmen und selbst für ihren Lebensunterhalt sorgen können. Die Vorrangprüfung für Asylbewerber und Geduldete nach 15 Monaten entfällt. Sie entfällt sofort, wenn die Betroffenen hochqualifiziert sind oder eine deutsche oder in Deutschland anerkannte Ausbildung haben. Sie erhalten einen besseren Zugang zu Sprachkursen. Die Residenzpflicht wird aufgehoben. Jedoch bleibt die Wohnsitzauflage für Asylbewerber und Geduldete, deren Lebensunterhalt nicht gesichert ist, bestehen, um eine gerechte Verteilung der Kosten zwischen Ländern sowie Kommunen zu gewährleisten. Asylanträge werden künftig schneller bearbeitet. Im Asylbewerberleistungsgesetz sollen künftig Geldleistungen gegenüber Sachleistungen vorrangig sein.

  6. Kommunen stärker entlastenEs gehört zu den prioritären Aufgaben in dieser Legislaturperiode Kommunen weiter finanziell zu entlasten und ihre Handlungsfähigkeit zu sichern. Mit dem geplanten Gesetz sollen die Kommunen im Vorgriff auf die Entlastungen im Rahmen des Bundesteilhabegesetzes zusätzliche Hilfen in Höhe von jährlich 1 Mrd. EUR in den Jahren 2015 bis 2017 erhalten. Dies soll hälftig durch einen höheren Bundesanteil an den Kosten der Unterkunft sowie einen höheren Anteil der Gemeinden an der Umsatzsteuer umgesetzt werden. Im Rahmen des geplanten Gesetzes soll zudem das bestehende Sondervermögen „Kinderbetreuungsausbau“ auf 1 Mrd. EUR aufgestockt werden. Um die Beteiligung des Bundes an den Betriebskosten der Kinderbetreuung zu erhöhen, ist vorgesehen, zusätzlich den Länderanteil an der Umsatzsteuer zulasten des Bundes in den Jahren 2017 und 2018 um jeweils 100 Mio. EUR anzuheben.
  7. Familie, Pflege und Beruf besser vereinbarenMit dem geplanten Gesetzentwurf soll mehr Rechtsicherheit und Flexibilität sowie eine bessere finanzielle Absicherung für Berufstätige bei der Pflege von Angehörigen geschaffen werden. Vorgesehen ist, die bestehenden Möglichkeiten des Pflegezeit- und des Familienpflegezeitgesetzes zusammenzuführen und mit einem Rechtsanspruch zu versehen. Zukünftig soll es für zehn Tage Pflegezeit zur Organisation einer akut auftretenden Pflegesituation eine Lohnersatzleistung in Form eines Pflegeunterstützungsgeldes geben. Insgesamt können Beschäftigte maximal 24 Monate Pflege- und Familienpflegezeit in Anspruch nehmen. Mit der neuen Familienpflegezeit haben Beschäftigte einen Rechtsanspruch gegenüber ihrem Arbeitgeber auf eine teilweise Freistellung bei einem Beschäftigungsumfang von mindestens 15 Stunden. Die geplanten Neureglungen sollen auch für Eltern und Angehörige von pflegebedürftigen Kindern gelten, die nicht zu Hause, sondern in einer außerhäuslichen Einrichtung betreut werden. Auch ist vorgesehen, den Begriff des „nahen Angehörigen“ um Stiefeltern, lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaften und Schwägerinnen bzw. Schwager zu erweitern. Um Einkommensverluste während der Pflege besser auszugleichen, sollen Beschäftigte ein zinsloses Darlehen in Anspruch nehmen können. Für die Begleitung schwerstkranker Angehöriger in der letzten Lebensphase besteht künftig ein Anspruch auf berufliche Freistellung für maximal drei Monate.
  8. Pkw-Maut: Es gilt der KoalitionsvertragDer Koalitionsvertrag ist klar: Die PKW-Maut muss mit dem europäischen Recht vereinbar sein. Es darf auch keine zusätzliche Belastung der deutschen Autofahrer durch die Einführung der PKW-Maut geben. Eine Mehrbelastung durch die Hintertür ist für uns nicht akzeptabel. Am Ende entscheidet der Bundestag. Für die SPD gilt der Koalitionsvertrag. Mit anderen Worten: Wir werden keinem Gesetz zur PKW-Maut zustimmen, in dem etwas anderes drinsteht.
  9. Fracking – strenge Regeln für wirksamen UmweltschutzSchutz von Mensch und Umwelt haben absolute Priorität bei der Anwendung neuer Technologien. Dies gilt auch für die Gasförderung in tiefergelegenen Gesteinsschichten durch hydraulische Druckverfahren (sog. „Fracking“). Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel und Bundesumweltministerin Barbara Hendricks haben nun ein gemeinsames Regelpaket vorgelegt. Danach bleibt das „unkonventionelle“ Fracking – das beispielsweise in den USA angewendet wird – generell und auf Dauer verboten. Nach 2018 können kommerzielle Bohrungen bis zu einer Tiefe von 3000 Metern nur dann durch die Bergbau- und Wasserbehörden der Länder genehmigt werden, wenn eine unabhängige Expertenkommission zuvor deren Unbedenklichkeit bestätigt hat. Sensible Gebiete, die zur Trinkwassergewinnung genutzt werden, oder Naturschutzgebiete sind von vornherein als potenzielle Fördergebiete ausgeschlossen. Damit werden in Deutschland insgesamt die weltweit strengsten Auflagen für Fracking gelten.