Thomas Jurk: Bericht aus Berlin

1. PKW-Maut

In der vergangenen Sitzungswoche hat der Deutsche Bundestag die Einführung der Pkw-Maut beschlossen. Die SPD hat von Anfang an deutlich gemacht: Die Pkw-Maut ist kein verkehrspolitisches Anliegen von uns. Aber wir haben im Rahmen des erreichten Gesamtpakets im Koalitionsvertrag erklärt, dem Vorhaben unseres Koalitionspartners nicht im Wege zu stehen. Jedoch haben wir dafür klare Bedingungen formuliert: Die Pkw-Maut muss europakonform ausgestaltet sein und darf nicht zu einer höheren Belastung inländischer Kfz-Halter führen. Im Zuge der parlamentarischen Beratungen ist es uns gelungen, beim Datenschutz eine wichtige Verbesserung durchzusetzen: Personalisierte Daten dürfen nur ein Jahr statt drei Jahre gespeichert werden. Auch haben wir mit der Union vereinbart, dass das Gesetz nach zwei Jahren einem Bürokratie- und Einnahmen-Check unterzogen wird.

2. Lkw-Maut

Der Deutsche Bundestag hat die Ausweitung der LKW-Maut auf vierspurige Bundesstraßen (ab 1.7.2015) und auf Fahrzeuge ab 7,5 Tonnen (ab 1.10.2015) beschlossen. Lkw-Mautdaten sollen nach strengsten Datenschutzregeln anonymisiert bei der Verkehrslenkung helfen. Außerdem soll das Personal des Bundesamtes für Güterverkehr flexibler einsetzbar sein.

3. Keine Verlängerung der besonderen Kündigungsfristen für Datschen

Nach dem geltenden Schuldrechtsanpassungsgesetz werden die Nutzungsverträge von Erholungsgrundstücken (z.B. Datschen) in den neuen Bundesländern zum 3.10.2015 in das Miet- und Pachtrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) überführt. Damit soll nun 25 Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung eine im Bundesgebiet einheitliche Rechtslage geschaffen werden. Der vom Bundesrat eingebrachte Gesetzentwurf sah vor, die Überleitung der Nutzungsverträge von Erholungsgrundstücken nochmals um drei Jahre auf den 3.10.2018 zu verschieben. Diese nochmalige Verzögerung der Überführung der Nutzungsverträge in das Miet- und Pachtrechts des BGB lehnen wir mit Blick auf die notwendige Rechtssicherheit von Eigentümern und Mietern der Datschen ab.

4. Verbesserung der Medienkompetenz

Die Förderung der digitalen Bildung ist für die SPD Schlüssel zur Teilhabe an der digitalen Welt. Mit einem gemeinsamen Antrag wollen die Koalitionsfraktionen die Medienkompetenz in Deutschland fördern – vor allem an Schulen, in der betrieblichen Ausbildung und an den Hochschulen. So soll etwa über einen „Pakt für Digitale Bildung“ die Finanzierung von digitalen Endgeräten für Bildungszwecke erleichtert werden. Die Nutzung von Open Educational Resources (kurz: OER) soll ausgeweitet und außerschulische Initiativen wie „Ein Netz für Kinder“ sowie die „Nationale Initiative Printmedien“ unterstützt und weiterentwickelt werden.

5. IT-Sicherheit: Selbstbestimmt und sicher in der digitalen Welt

Im neuen Forschungsprogramm zur IT-Sicherheit werden ressortübergreifend die Aktivitäten und Fördermaßnahmen des Bundes gebündelt und die Entwicklung von sicheren und vor allem auch innovativen IT-Sicherheitslösungen unterstützt. Sichere Kommunikationssysteme für Privatpersonen, der Schutz des Datenaustausches im Rahmen einer Industrie 4.0 aber auch der Schutz von Infrastrukturen sind Themen des neuen Programms. Es hat vier Schwerpunkte: Neue Technologien, Sichere und vertrauenswürdige Informations- und Kommunikationssysteme, Anwendungsfelder der IT-Sicherheit und Privatheit und Schutz von Daten.

6. Geldwäsche und Terrorfinanzierung aktienrechtlich bekämpfen

Die Beteiligungsstrukturen von nicht-börsennotierten Aktiengesellschaften müssen transparenter gestaltet werden, u.a. auch um die Arbeit der Ermittlungsbehörden bei Geldwäschedelikten durch eine leichtere Ermittlung der Identität der Aktionäre zu unterstützen. Der Gesetzentwurf, welcher in der vergangenen Sitzungswoche in erster Lesung im Plenum diskutiert wurde, setzt damit nicht zuletzt eine Forderung der Financial Action Task Force (FATF) um. Denn die deutsche Inhaberaktie steht im Verdacht, Geldwäsche und Terrorfinanzierung zu begünstigen. Deshalb sollen nicht-börsennotierte Gesellschaften Inhaberaktion künftig nur ausgeben dürfen, wenn der Anspruch des Aktionärs auf Einzelverbriefung der Aktie ausgeschlossen und die Sammelurkunde über die Aktion bei einer regulierten Stelle hinterlegt wird.

7. Korruption bekämpfen

Der Gesetzentwurf dient der Umsetzung verschiedener internationaler Vorgaben zur Bekämpfung von Korruption. Insbesondere ist vorgesehen, dass Auslandstaten der Vorteilsgewährung an Amtsträger strafrechtlich erfasst werden. Auch wird die Strafbarkeit von Bestechlichkeit bzw. Bestechung ausgeweitet. Künftig ist u.a. strafbar, wenn der Vorteilnehmer als Gegenleistung eine Handlung unter Verletzung seiner Pflichten vornehmen oder unterlassen soll. Dabei wird die Strafbarkeit wegen Bestechlichkeit oder Bestechung auch auf ausländische, europäische und internationale Amtsträger ausgedehnt.

8. Entwicklungspolitische Chancen der Urbanisierung nutzen

Über 50 Prozent aller Menschen leben in Städten – Tendenz steigend: bis zum Jahr 2050 soll der Verstädterungsgrad auf 66 Prozent wachsen. Das bedeutet einen Zuzug von weiteren 2,5 Milliarden Menschen in die Städte, ein Großteil davon in Entwicklungs- und Schwellenländern. An vielen Orten begünstigt der ungesteuerte Zuzug die Slumbildung, bis zu 3 Milliarden Menschen könnten bis 2050 in Slums wohnen. Die Urbanisierung muss nachhaltig gestaltet und integriert erfolgen, so dass sich Chancen für Wirtschaftsentwicklung und Armutsreduzierung bieten. Die im Antrag dargelegten Maßnahmen sollen auch in die Post 2015-Agenda und in die für 2016 geplante Gipfelkonferenz „Habitat III“ der Vereinten Nationen einfließen.

9. Östliche Partnerschaften der EU intensivieren

Die geplanten Assoziierungsabkommen zwischen EU und Ukraine, Georgien und der Republik Moldau dienen dem Ausbau der gegenseitigen politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Beziehungen. Die Abkommen sollen die zivil- und rechtstaatliche Entwicklung in den Ländern unterstützen sowie Stabilität und Wohlstand in der Region stärken. Die Östliche Partnerschaft ist ein fortwährendes Kooperationsangebot der EU und kein Zwischenschritt auf dem Weg zu einer EU-Mitgliedschaft. Insbesondere für die Ukraine gilt: Das Land braucht wieder gute Beziehungen auch zu seinen Nachbarn im Osten. Bei der Frage gutnachbarschaftlicher Beziehungen geht es nicht um eine Entweder-oder-Entscheidung zwischen Russland und der EU. Substanzieller Bestandteil der Assoziierungsabkommen ist die Einrichtung einer Freihandelszone. In Georgien und der Republik Moldau wird dieser Teil des Abkommens bereits vorläufig angewandt. Das Inkrafttreten der neuen Handelsbestimmungen mit der Ukraine wurde auf Ende 2015 verschoben. Damit wurde dem Wunsch Russlands entsprochen, die Auswirkungen auf den Handel mit Russland ausgiebig zu prüfen. Zum endgültigen und vollständigen Inkrafttreten des Abkommens bedarf es der Ratifikation sämtlicher EU-Mitgliedstaaten. In Deutschland ist die Zustimmung des Bundestages erforderlich.