»Ich bin in die Politik gegangen, weil ich unzufrieden war.
Das bin ich auch heute.«

Beim Landesparteitag der SPD Sachsen will sich Henning Homann zum neuen Generalsekretär der SPD Sachsen wählen lassen. Im SACHSENVorwärts-Interview spricht Henning über seine Herausforderungen und Ziele.

Henning, du sollst neuer Generalsekretär der SPD Sachsen werden. Eine große Herausforderung, so unmittelbar vor dem großen Wahljahr 2019, oder?
Wir alle spüren, dass unser Land vor wichtigen Richtungsentscheidungen steht. Und wir alle fühlen eine Verantwortung dafür, dass in Sachsen eine Politik des sozialen und wirtschaftlichen Fortschritts fortgesetzt werden kann und es keine rechte Regierungsmehrheit gibt. Ich kann als Generalsekretär einen Beitrag dazu leisten. Ich kenne die Partei, die Kommunalpolitik und weiß als Fraktionsvize, was wir in der Regierung wichtiges leisten.

Was ist dein Hauptanliegen für deine neue Arbeit als Generalsekretär?
Ich will die inhaltliche Arbeit in der SPD und die sozialdemokratische Politik in Sachsen weiter voranbringen. Unser Anspruch war schon immer, das Leben der Mehrheit der Menschen spürbar zu verbessern. Als Regierungspartei haben wir in den letzten vier Jahren einen Politikwechsel herbeigeführt. Die Kürzungspolitik ist beendet. Wir machen den Staat wieder handlungsfähig. Gute Beispiele sind die Themen Lehrermangel, sichtbare Sicherheit und Digitalisierung. Bis 2014 war der Plan der CDU, Lehrer- und Polizeistellen massiv abzubauen. Stattdessen werden jetzt wieder mehr Lehrerinnen und Lehrer und Polizistinnen und Polizisten eingestellt. Bis 2014 wurde nur dort in den Breitbandausbau investiert, wo es sich für die großen Konzerne gelohnt hat. Die SPD hat dafür gesorgt, dass schnelles Internet in allen Regionen zur Verfügung stehen wird. Diese sozialdemokratische Handschrift müssen wir klar herausarbeiten und gleichzeitig den Blick nach vorne richten.

Was ist dein konkretes Ziel – auch mit Blick auf die Landtagswahl im nächsten Jahr?
Ich möchte eine starke SPD in Sachsen. Unser Land steht im kommenden Jahr vor einer Richtungsentscheidung. Wird der Weg einer sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Erneuerung Sachsens fortgesetzt oder wird es einen erneuten Roll-Back wie schon 2009 geben, als CDU und FDP zentrale Erfolge wie das kostenfreie Vorschuljahr wieder abgeschafft haben? Bleibt der gesellschaftliche Zusammenhalt Ziel von Politik oder übernehmen die rechten und neoliberalen Spalter die Führung des Landes? Auf die Konservativen ist da kein Verlass, dafür muss ich nicht in andere europäische Länder, sondern nur in die CDU-Landtagsfraktion gucken. Denen geht es am Ende nur um die Mehrheit. Auf die Sozialdemokratie kommt es an.
Trotzdem wird es keinen Dauerwahlkampf geben. Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Wahl ist, dass wir weiter gute Regierungsarbeit leisten. Das ist mit der CDU nicht immer leicht, aber nicht selten begreifen sie, dass wir recht haben. Gutes Beispiel ist die Schulsozialarbeit. Erst haben sie sie bekämpft, dann haben sie sie toleriert, heute setzen sie mit uns eines der bundesweit größten Landesprogramme um. Die Liste ließe sich lange fortsetzen: Einführung eines Sachsentarifs im ÖPNV, Investitionen in die Integration, Abschaffung der Extremismusklausel, gleiche Bezahlung von Lehrerinnen und Lehrern an Gymnasien, Ober- und Grundschulen sowie mehr Geld für die Kulturräume.

Wie gut ist die SPD deines Erachtens aufgestellt für die kommenden Herausforderungen?
Die SPD Sachsen ist gut aufgestellt. Wir sind organisatorisch voll im Plan, der Programmprozess hat begonnen. In den letzten Jahren wurde in der Landesgeschäftsstelle kontinuierlich an unserer Profilierung gearbeitet, wie auch die erfolgreiche Küchentischtour zeigt. Eine gute Organisation ist eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung für einen Erfolg im kommenden Jahr. Zentral ist es, dass die Sachsen uns das Land anvertrauen und uns zutrauen, das Erreichte zu verteidigen und die bestehenden Probleme entschieden anzugehen. Aber darin waren wir als SPD Sachsen immer gut, da wir ebenso auf die starke Einbeziehung der Fachleute an unserer Basis setzen. Wir beweisen unseren Gestaltungsanspruch auch durch unsere Persönlichkeiten an der Spitze. Martin Dulig hat in den vergangenen Jahren gezeigt, dass er unser Land führen kann. Die Ministerpräsidenten sind gekommen und gegangen. Martin Dulig war es, der sich auch in den Krisen den Gesprächen gestellt hat, der Probleme in Sachsen beim Namen nennt, konkrete Lösungsvorschläge macht und gleichzeitig unser Sachsen gegen pauschale Vorurteile verteidigt. Er ist das freundliche Gesicht Sachsens in Deutschland. Auch Petra Köpping leistet außergewöhnliches, nicht nur für Sachsen, sondern für ganz Ostdeutschland. Ihr eingeschlagener Weg einer Aufarbeitung der Nachwendezeit ist eine wichtige Voraussetzung, um neues Vertrauen in Politik zu schaffen. Genauso zentral ist Dirk Panter als Fraktionsvorsitzender, der als Finanzfachmann über Partei-grenzen hinaus anerkannt ist und dafür sorgt, dass unsere Vorschläge realistisch finanzierbar sind.

Vielerorts wird das kommende Jahr als wichtigstes Jahr für die Zukunft des Freistaates betitelt. Die Menschen scheinen immer weniger Vertrauen in Politik und Parteien zu haben. Keine Zeit mehr für Wohlfühlpolitik, oder?
Die SPD ist noch nie vor einer Herausforderung zurückgeschreckt. Uns stehen spannende und nervenaufreibende Zeiten bevor, ohne Frage. Aber es lohnt sich zu kämpfen und ich gehe mit einem realistischen Optimismus an die Arbeit. Zukunftsoptimismus darf aber nicht mit einer „es ist alles gut, so wie es ist“ – Haltung verwechselt werden. Ich bin in die Politik gegangen, weil ich unzufrieden war. Das bin ich auch heute. Ich finde, Politik muss einen größeren Gestaltungsanspruch formulieren. Unsere Welt verändert sich, auch die in Sachsen. Nur in einer Demokratie kann sie im Sinne der Menschen und nicht im Sinne der Märkte gestaltet werden. AfD, FDP und CDU schrecken davor zurück oder wollen es schlicht nicht. Wir als SPD müssen wieder mutiger und ambitionierter werden. Das bedeutet natürlich nicht, alles schlecht zu reden. Im Gegenteil, wir leben in einem tollen Land, mit tollen Menschen und wir haben viel erreicht, aber die Herausforderungen sind eben auch groß.

Henning Homann
Jahrgang 1979, verheiratet, Politik- und Verwaltungswissenschaftler, seit 2009 Abgeordneter des Sächsischen Landtages und seit 2014 stellvertretender Vorsitzender der SPD-Fraktion im Sächsischen Landtag.
www.henning-homann.de