Martin Dulig zum Tag der Deutschen Einheit
Martin Dulig, Vorsitzender der SPD Sachsen und Ostbeauftragter der SPD:
„Wir haben seit 1990 viel Positives geschaffen. Mit der Wiedervereinigung 1989/90 ist eine positive Bewegung durch Ostdeutschland gegangen, die ich auch heute wieder spüren möchte. Dieser Mut und die Tatkraft, das Sich-Einlassen aufs Ungewisse, diese unbändige Neugier auf das, was noch kommt. Das brauchen wir heute wieder.
Wenn wir uns den Einigungsprozess aber anschauen, müssen wir feststellen, dass wir die letzten knapp 30 Jahre auf wirtschaftliche Kennzahlen reduziert haben. Wir sprechen über herausgeputzte Städte und sanierte Straßen, über die Mentalität der Menschen sprechen wir aber immer noch nur ungern.
Zur Wahrheit gehört: es gibt viele Ostdeutsche, die sich zu Recht unfair behandelt fühlen. Die Menschen hier haben damals schlechte Löhne in Kauf genommen, um ihren Betrieb und den eigenen Arbeitsplatz nicht zu gefährden. Die Menschen hier haben von heute auf morgen ein neues Leben begonnen, in einem neuen Land, mit einem neuen politischen System. Trotzdem haben wir 30 Jahre nach der Wende die Ost-West-Angleichung immer noch nicht geschafft.
Ostdeutschland hat mehr verdient! Anerkennung, Verständnis und Respekt vor dem Geleisteten. Keine falsche Nachsicht – aber eine ehrliche Auseinandersetzung mit den Verletzungen und Erfahrungen der Menschen hier in Ostdeutschland. Wir brauchen ein neues Selbstbewusstsein der arbeitenden Bevölkerung. Wir wollen den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort mehr Verantwortung geben, mehr Vertrauen. Denn sie wissen, was es braucht, um ihre Stadt, ihren Stadtteil oder ihr Dorf zum Besseren zu gestalten. Es geht um mehr Mitbestimmung. Die Zukunft unseres gesamten Landes wäre ohne ostdeutsche Ideen und Perspektiven nämlich ein ganzes Stück ärmer.“