Thomas Jurk: Bericht aus Berlin

1. Nachtragshaushalt: Mehr Geld für Kommunen, Energie, Klima und Infrastruktur

Der Bundestag hat einen Nachtragshaushalt für 2015 und ein Gesetz zur Förderung von Investitionen finanzschwacher Kommunen und zur Entlastung von Ländern und Kommunen bei der Aufnahme und Unterbringung von Asylbewerbern beschlossen. Es werden notwendige Voraussetzungen für die Investitionsoffensive geschaffen und die Kommunen gestärkt. Insgesamt 7 Mrd. EUR Euro für Zukunftsinvestitionen werden mit dem Nachtragshaushalt auf konkrete Politikbereiche aufgeteilt. Besonders profitiert die Verkehrsinfrastruktur mit zusätzlichen 3 Mrd. EUR. Insgesamt 1,1 Mrd. EUR zusätzlich fließen in die Unterstützung des flächendeckenden Breitbandausbaus. Weitere Schwerpunkte sind Energieeffizienz und Klimaschutz: rund 700 Mio. EUR für den Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz, rund 500 Mio. EUR für das Marktanreizprogramm Energieeffizienz, 200 Mio. EUR für das CO2-Gebäudesanierungsprogramm und 450 Mio. EUR für die Nationale Klimaschutzinitiative.

Die Kommunen werden in Milliardenhöhe entlastet. 3,5 Mrd. EUR werden für einen Kommunalinvestitionsförderungsfonds bereitgestellt, der es insbesondere finanzschwachen Kommunen ermöglicht, in Infrastruktur, Bildung und Klimaschutz zu investieren. Der Bund übernimmt dabei 90 % der Investitionskosten, die Kommunen sollen einen Eigenanteil von 10 % leisten. Da Investitionen in besonders klammen Kommunen selbst an diesem Anteil scheitern würden, haben die Koalitionsfraktionen im Bundestag die Möglichkeit eingebaut, den Zehn-Prozent-Anteil auch durch die Länder oder Vorfinanzierung abdecken zu lassen. Auf Anregung des Bundesrates haben die Koalitionsfraktionen zudem die Förderbereiche noch ausgeweitet, damit die Kommunen möglichst flexibel sind. Welche Kommunen als finanzschwach gelten, legen die Länder nach folgendem Schlüssel fest: Einwohnerzahl, Höhe der Kassenkredite und Anzahl der Arbeitslosen. Neben dem Kommunalinvestitionsfonds kommt es zu einer Aufstockung der bereits beschlossenen Entlastung der Kommunen. Für 2015 und 2016 beträgt die Entlastung wie vorgesehen 1 Mrd. EUR, für 2017 dann 1,5 Mrd. EUR mehr, also insgesamt 2,5 Mrd. EUR. Darüber hinaus werden Länder und Kommunen bei der Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbewerbern in den Jahren 2015 und 2016 um jeweils 500 Mio. EUR entlastet. Durch Umschichtungen im Nachtragshaushalt ist es ferner gelungen, ein Programm aufzulegen zur Sanierung kommunaler Einrichtungen in den Bereichen Sport, Jugend und Kultur. Dafür stehen in den nächsten drei Jahren 140 Mio. EUR bereit.

Neben der Entlastung der Länder und Kommunen im Bereich der Flüchtlinge und Asylbewerber erhält das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 750 neue Stellen und entsprechende Finanzmittel, um die steigenden Asylbewerberzahlen bewältigen zu können, das Auswärtige Amt 29 neue Stellen und Geld für die Beschäftigung von 31 Ortskräften in den Botschaften und Konsulaten. Im Bereich des Bundesinnenministeriums gibt es 5 Mio. EUR mehr für die Bundespolizei und 25 Mio. EUR für Deutschkurse. Der Haushaltsausschuss hat darüber hinaus 12 Mio. EUR beim Bundesfamilienministerium bewilligt: 8 Mio. EUR für Jugendmigrationsdienste und 4 Mio. EUR für Sprachkurse für akademisch qualifizierte Flüchtlinge.
Der Haushaltsausschuss hat auch ein neues Zuschussprogramm „Kriminalprävention durch Einbruchsicherung“ in Höhe von 30 Mio. EUR aufgelegt. Das Ziel ist eine staatliche Förderung, die bereits bei geringen Investitionssummen greift, um die Sicherheit für alle zu erhöhen. Beim neuen Förderprogramm geht es nicht um die Finanzierung teurer Alarmanlagen für Villen, sondern um sichereres Wohnen für Alle: Die Förderung erfolgt durch Zuschüsse zu den Materialkosten und kann zusätzlich zur steuerlichen Absetzbarkeit von Handwerkerleistungen in Anspruch genommen werden. 20 % der Investition werden vom Staat bezuschusst, die Summe ist auf 1500 EUR pro Antrag gedeckelt. Das Mindestvolumen der zu fördernden Maßnahme beträgt 500 EUR.
Darüber hinaus erhalten ehemalige sowjetische Kriegsgefangene einen symbolischen finanziellen Betrag für das nationalsozialistische Unrecht, das sie erleiden mussten. Dafür stehen im Bundeshaushalt insgesamt 10 Mio. EUR zur Verfügung.

2. Ressourcen wiederverwenden – Rücknahme von Elektro-Altgeräten verbessern

Der Bundestag hat in 1. Lesung den Gesetzentwurf zur „Neuordnung des Inverkehrbringens, der Rücknahme und der umweltgerechten Entsorgung von Elektro- und Elektronikgeräten“ beraten. Der Gesetzentwurf setzt die WEEE-Richtlinie (Waste of Electrical and Electronic Equipment, zu Deutsch Elektro- und Elektronikgeräte-Abfall) um. Ziel ist es, die stoffliche Verwertung von Elektroabfällen zu verbessern, um wichtige Rohstoffe – wie Edelmetalle und seltene Erden – in der Wertschöpfungskette zu belassen, indem die Sammelmengen der Altgeräte erhöht und die Rohstoffe zurückzugewonnen werden. Außerdem soll die illegale Verbringung von Elektro-Altgeräten eingedämmt werden, indem eine Beweislastumkehr eingeführt wird. In Zukunft sollen weniger Altgeräte im Restmüll landen und Sammlung sowie Entsorgung effizienter werden, um so ein hochwertiges Recycling und den Schutz wertvoller Ressourcen zu sichern. Dabei wird auf den bestehenden Sammelstrukturen aufgebaut. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass Großvertreiber (Verkaufsfläche mehr als 400 Quadratmeter) Altgeräte beim Neukauf eines gleichwertigen Geräts und kleine Geräte z. B. Smartphones bis 25 cm Kantenlänge auch ohne Neukauf zurücknehmen müssen. Auch Onlinehändler werden zur Rücknahme verpflichtet, wobei die Rücknahmestellen in zumutbarer Entfernung zum Endnutzer eingerichtet werden müssen. Des Weiteren sollen künftig auch Photovoltaikmodule verpflichtend gesammelt, Sammelgruppen im Hinblick auf ein effizienteres Recycling zusammengefasst, alle Sammelstellen veröffentlicht und das Sammelnetz verdichtet werden, um so die Rückgabe zu vereinfachen.

3. Wohngeld erhöhen, soziale Mischung der Städte erhalten

Mit dem Gesetzentwurf zur Reform des Wohngeldrechts wurde in 1. Lesung die Erhöhung des Wohngeldes zur Entlastung von Haushalten mit geringem Einkommen beraten. Das Wohngeld soll an die Mieten- und Einkommensentwicklung angepasst werden. Dabei werden künftig die Warmmieten statt der Kaltmieten berücksichtigt. Von der Reform profitieren rund 870.000 Haushalte, wovon rund 90.000 Haushalte bisher auf Leistungen aus der Grundsicherung angewiesen sind. Künftig bekommen deutlich mehr Menschen und jeder Einzelne auch deutlich mehr Wohngeld. Vor allem in Ballungsräumen und Universitätsstädten sind die Mieter durch steigende Mieten und knapper werdendem Wohnraum unter finanziellen Druck geraten. Durch eine regionale Staffelung steigt das Wohngeld daher stärker in den Gebieten, in denen auch die Mieten überdurchschnittlich stark steigen. Mit der Wohngeldnovelle erfolgt endlich eine Anpassung an die realen Verbraucherpreise, Einkommensverhältnisse und Wohnkosten.